Matthias Faß, Dr. Anette Barth, Johannes Kölling, Sandra Gehlen, Simone Thiel (fehlend: Edith van Eijck)
Foto: Frank Weilerswist
Viele Tausend kleine Messingplatten in Gehwegen erinnern europaweit an die Opfer des Holocaust – auch in Saarburg. Das Projekt wurde mit einer lokalen Arbeitsgruppe 2013 von dem Berliner Künstler Gunter Demnig in Saarburg realisiert. Nun soll eine aktualisierte Broschüre über die Schicksale der Menschen die Erinnerungskultur weiter wachhalten. Verantwortlich für die Überarbeitung ist die Initiative „Augen auf!“ des Lokalen Bündnisses für Familie in der Verbandsgemeinde Saarburg-Kell e. V., das sich gemeinsam mit dem Kulturbüro der Stadt Saarburg für eine Neuauflage der Broschüre“ eingesetzt hat.
Seit fast 10 Jahren findet man auf den Bürgersteigen in Saarburg Steine aus Messing mit Namen und Daten. Diese 32 Stolpersteine erinnern an Mitbürgerinnen und Mitbürger der Stadt, die in der NS-Zeit verfolgt, deportiert oder ermordet wurden. Sie finden sich vor vielen Häusern, wie in der Graf-Siegfried-Straße im Zentrum der Stadt oder in der Klosterstraße in Beurig, überall dort, wo die Familien gelebt haben.
Stolpersteine sollen die Menschen nicht zum „Stolpern“ bringen, sondern zum Nachdenken, indem sie das individuelle Schicksal der Menschen in den Vordergrund stellen. Zwei Jahre vor der Verlegung der Stolpersteine hatte sich erstmals ein Arbeitskreis gebildet, der zusammen mit Angehörigen, Historikern, Schulklassen, Vereinen, der Kirchengemeinde und vielen weiteren Interessierten die Familiengeschichten aufgearbeitet hat. Diese Geschichten wurden im Rahmen des neuen Projekts mit Material ergänzt, aktualisiert und in einer Neuauflage zusammengefasst. Sie soll Interessierten und Teilnehmenden an den Stolperstein-Rundgängen detaillierte Informationen über die Schicksale der Menschen geben. Die Broschüre enthält neben historischen Fotos auch eine Karte, mit der Interessierte die Stolpersteine besser lokalisieren können.
Das lokale Bündnis für Familie e.V. hat die neue Arbeitsgruppe im letzten Jahr im Rahmen der Initiative "Augen auf!" gegründet. Anette Barth, Edith van Eijck, Kathrin Meß, Lukas Zimmer und Sandra Gehlen treffen sich seitdem vierteljährlich um gemeinsam aktuelle Probleme oder Projekte zu besprechen. Die Initiative "Augen auf!" ist ein Kooperationsprojekt aktiver Erinnerungs- und Demokratiearbeit gegen Vergessen, Verleugnung, Verharmlosung und Gleichgültigkeit.
Anette Barth betont stellvertretend für die Gruppe: „Wir möchten an die zahlreichen Opfer des Faschismus aus sämtlichen gesellschaftlichen Schichten, Parteien und Konfessionen erinnern. Ihr Schicksal soll uns mahnen und fordern, dass wir alle für Zivilcourage und Menschlichkeit einstehen.“
Die neue Broschüre ist kostenlos in der KulturGießerei und beim Kulturbüro der Stadt Saarburg im Amüseum am Wasserfall erhältlich. Das Kulturbüro der Stadt Saarburg bietet zusätzlich den Rundgang „Stolpersteine erzählen“ an, der unter amueseum@saarburg.de angefragt werden kann.
Die Neuauflage der Broschüre „Stolpersteine erzählen Geschichten“ wurde als „Ehrenamtliches Bürgerprojekt“ durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER): Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete im Rahmen des rheinland-pfälzischen Entwicklungsprogramms „Umweltmaßnahmen, Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft, Ernährung“ (EULLE) des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz gefördert.
Mit dem Erinnerungsatlas ist ein weiteres digitales Projekt vom Arbeitskreis Erinnerung der Großregion e.V. im Rahmen des Bundesprogramms Demokratie Leben! in der Umsetzung, das demnächst auch für die historisch-politische Bildungsarbeit zur Verfügung gestellt werden wird.
Darüber hinaus arbeitet die Initiative „Augen auf“ an einer webbasierten App mit der die Gedenkorte in der VG Saarburg-Kell inklusiver weiterführender Informationen für alle Bürger*innen visualisiert werden sollen. Diese Arbeit basiert auf der Ausstellung „Jüdisches Leben Saarburg-Kell“, die die Initiative „Augen auf“ im Rahmen des Programms „Demokratie leben!“ im vergangenen Jahr inklusive pädagogischem Material für Schulen entwickelt hat. Im Rahmen der Initiative findet auch eine Qualifizierungsmaßnahme statt, die neue Gästeführer*innen für die weiteren Erinnerungsorte in der Verbandsgemeinde Saarburg-Kell ausbildet.